Grundlagenmusik

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ARGO: Essel, Hoffmann, Stett
Wunderlich, Rom
Audience

Connections
Experimentelle Musik
Stephan Wunderlich
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René Bastian
Hans-Leo Rohleder
Rolf Langebartels
SKOP Frankfurt

Verein für experimentelle Musik Darmstadt

ARGO Flüchtige Musik

Wie der Tratsch im Treppenhaus
„Free-Music"-Reihe in der Arheilger Kunstfabrik startet mit der Gruppe "Argo"
Karl Eberhard im Darmstädter Echo, 11. März. 92

Die Darmstadter Künstlerlnitiative „Polygon“ hat dieser Tage eine interessante Zusammenarbeit mit der Arheilger Kunstrabrk begonnen. „Free Music“ heißt die erste gemeinsame Reihe, zu deren Premiere die Gruppe „Argo“ ihre „Flüchtige Musik“ vorstellte: Spontane lmprovisationen als kollektive Entwicklungen einer identischen Spielauffassung. Leider mußte „Argo“ die erkrankte Marit Hoffmann (Geige. Bratsche) kurzfristig durch den Kontrabassisten Uli Phillipp ersetzen.

Auf die Sensibilisierung der Klangkonstruktionen hatte diese Umgestaltung jedoch keinerlei Einfluß. da der musikalische Gast häufiger mit den Trio arbeitet. Das erste Thema, bewußt spröde auf den Saiten angestrichen, verquickte die Stille mit einfachen Geräuschcollagen. Interessant wirkte dabei, daß Hans Esse (Geige), Uli Philipp (Baß) und Thomas Stett (Klarinette) nicht gegen die Leere des Raumes anspielten, sondern die Stille und das daraus abgeleitete Erwachen der Töne feinsinnig ergänzten.

Fast schon wieder eine ungewollte Pointe: Der gelegentliche Flugzeuglärm, der am Freitag abend über Arheilgen zu hören war.

Zwar blieben für die nächste Improvisation die akustischen Vorgaben bestehen, doch aus der neuen Instrumentierung (drei Tenorhörner) entwickelte sich eine andere charakteristische Qualität. Durch Dämpfer manipuliert und in der Lautstärke variabel, weckte „Argo“ zunächst eine verhaltene Kommunikation, die sich aber allmählich wie der nachbarschaftliche Tratsch im Treppenhaus entwickelte. Einfach köstlich. Die aufreibendsten Passagen hatten sich die drei Künstler bis zum Schluß vorbehalten. Thomas Stett (erstmals auf der Baßklarinette) kommentierte fast teilnahmslos das Geschehen wild aneinandergereihter Schleif- und Preßtöne. Hans Essel (auf einer kleinen Handtrommel knirschend) erweiterte den perkussiven Horizont, während Uli Philipp mit dem Baßbogen über eine Styroporplatte krächzte. In der Tat: Diese Musik wollte nicht gefallen, sondern anregen. Denn so abrupt, wie „Argo“ das Chaos entzündet hatte, ebnete das Trio den Weg in die Stille. Einzig Thomas Stett, auf dem Klarinettenmundstück spielend, blieb seiner Rolle als lethargischer Kommentator treu.

Fazit: ein Abend mit Ecken und Kanten. Dennoch ist es gut zu wissen. daß es noch Disharmonien gibt.


Darmstädter Echo, 11. März. 1992