Grundlagenmusik

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ARGO: Essel, Hoffmann, Stett
Wunderlich, Rom
Audience

Connections
Experimentelle Musik
Stephan Wunderlich
Michael Barthel
René Bastian
Hans-Leo Rohleder
Rolf Langebartels
SKOP Frankfurt

Verein für experimentelle Musik Darmstadt

Audiovisuelle Performance "Licht-Klang"

(Hans Essel)
Heinz-Peter Hofmann und Yvonne Erni aus Darmstadt.

Ziel des Projektes ist es, eine Verbindung zwischen optischen und akustischen Phänomenen herzustellen. Es geht allerdings nicht um eine Bebilderung von Musik oder um Vertonung von Bildern; vielmehr findet die Verbindung beider Bereiche im Material selbst statt: Aus Lichtbildern entstehen durch elektronische Umformungen Klänge. Das Licht selbst wird in "Licht-Klang" moduliert durch Dias. In "Bewegung-Licht-Klang" moduliert Yvonne Erni das Licht durch Bewegungsschatten im Lichtkegel. Die Korrelation von musikalischen, tänzerischen und optischen Ereignissen.

Das Licht: Betörende Licht-Bilder, von Hofmann mittels verschiedenster Techniken hergestellt, vom herkömmlich belichteten Dia über schwarz-weiß Kopien bis zu allem, was transparent ist und projeziert werden kann. Alle Bilder sind abstrakt, aber mit großer Spannweite bezüglich Kontrast, Farbigkeit und Materialcharakter. Hofmann wählt die Bilder über zwei Projektoren aus, überblendet sie manchmal. Er hält keine feste Reihenfolge ein, sondern wählt "blind". Die einzige Gestaltungsmöglichkeit liegt in der Zeitgebung und der Überblendung.

Der Klang: Ein Analogsyntheziser, dessen Regel- und Schwingkreise, einmal eingestellt, von außen moduliert werden können, arbeitet als fest installierte Klangmaschine. In der Leinwand sind einige Photozellen eingebaut. Ihre Spannung steuert die Klangmaschine. Der Grundklang: rechts ein zwitschernder lockerer Klangteppich, links ein vielleicht etwas zu kompakter Summton. Hin und wieder, aber ehr selten, ein feines Zirpen. Manchmal, durch besonders starke Lichtkontraste angestoßen, eine Klangrakete, sonst An-und Abschwellen und feine Modulationen.

Die Improvisation ist eingebaut. Erstens durch die Auswahl der Bilder, und zweitens durch Veränderungen in der Empfindlichkeit der Klangmaschine, die dazu führen, daß nicht beim gleichen Bild immer ein gleiches Klangereignis korreliert. Hofmann "spielt" die Bilder. Die Bilder "spielen" die Klangmaschine.

Interessanterweise, und ohne davon zu wissen, hat Hofmann genau die umgekehrte Methode wie Jörg Burkhard (Stimme steuert Bilder) entwickelt. Burkhards Mikrofon ist dabei "heiß", Hofanns Projektoren sind "kühl", distanzierter. Die Entwicklung und Einstellung der Maschine ist natürlich eine wesentliche Arbeit. Leider schien sich die Maschine im ersten Teil etwas desensibilisiert zu haben, sei es durch Temperaturschwankungen oder die abendliche Dunkelheit, wie Hofmann erläuterte, jedenfalls hätte man sich die Reaktionen auf die Bilder etwas variantenreicher vorstellen können.

Im zweiten Teil tanzte Yvonne Erni im nackten Lichtkegel vor der Leinwand. Durch ihren Schatten werden die Photozellen abgedunkelt und die Klangmaschine reagiert. Und zwar deutlich heftiger als bei den Dias, was aber weniger an der attraktiven Yvonne als vielmehr an der behutsamen Nachjustierung durch Heinz-Peter lag.Die Darmstädter Tänzerin tanzte im harten Licht des Projektors eine halbstündige Improvisation, eine schwierige Herausforderung, die sie beachtlich meisterte. Dazu muß man bedenken, daß Tänzer normalerweise nicht improvisieren, und schon garnicht allein, und am allerwenigsten ohne Musik, nach der sie sich richten könnten. Hier aber war die Musik nicht vorgegeben, sondern reagierte auf die Bewegung!

Die Grundfrage des Balletts, nämlich wie steht es zwischen Musik und Tanz, wird hier neu gestellt, oder besser: hätte neu gestellt werden können. Cage und Cunningham hatten sie beginnend in den Fünfzigern radikal neu beantwortet: Eine direkte Beziehung wie im klassischen Ballett (der Tanz folgt der Musik) findet nicht statt. Leider war wohl bei "Bewegung->Licht->Klang" keinem der beiden Künstler diese Situation klar, denn die Chance, einen dritten Weg wenigstens ansatzweise aufzuzeigen, wurde nicht ergriffen.

Diese Chance setzt eine radikale Neuentwicklung von Tanz, und zwar in dieser Anordnung (die ja durchaus auch noch verbessert werden kann), voraus. Eine Improvisation mit gängigen Gestaltungsvorstellungen, so respektabel sie im Sinne des Herkömmlichen sein mag, kratzt die Problematik nicht einmal an. Hier hätte Hofmann selbst mehr gedankliche Vorarbeit leisten müssen, um mit der Tänzerin die Bedeutung der Anordnung zu erfassen.

Das Publikum - in erfreulicher Anzahl - schien interessiert und blieb zu längerer Diskussion. Dabei entwickelte sich die Meinung, daß eine zu starre Kopplung zwischen Photozellen und Synthesizer, d.h. eine immer gleiche klangliche Reaktion auf einen bestimmten optischen Reiz, auf die Dauer banal wirkt. Erst die immanente Improvisation, also eigentlich die Störung der Kopplung, bewirkt die Eigenständigkeit der Installation.